Moreno Nesta hat beim FC Männedorf den Posten als Cheftrainer übernommen. Für den 36-Jährigen ist es eine Rückkehr zu seinem Stammverein. Vor dem Saisonstart in der 2. Liga spricht er über die Förderung von Nachwuchsspielern, Kritik von Fans und langfristige Ambitionen des Dorfclubs.
Wie lange hast Du gebraucht, um dich zu entscheiden als das Angebot des FCM vorlag?
Moreno Nesta: Ein Wochenende lang habe ich mir Zeit gegeben und dann sogleich zugesagt. Bereits vor dem Angebot aus Männedorf war für mich klar, dass für mich der Zeitpunkt gekommen war, um den Wechsel vom Nachwuchsteam zu einer Aktivmannschaft zu machen.
Der FC Red Star, bei dem Du verschiedene Nachwuchsteams betreut hast, wäre aber wohl die attraktivere Adresse im Regionalfussball gewesen.
Ich war fünf Jahre beim FC Red Star engagiert und habe dort enorm viel profitiert. Es war insgeheim ein Wunsch von mir, nach Männedorf zurückzukehren. Zu dem Verein, zu dem ich einen sehr starken emotionalen Bezug habe.
Du warst jahrelang Aktivspieler beim FCM. Was hat sich aus deiner Sicht in diesem Verein am stärksten verändert?
Der ganze Verein und damit natürlich auch die erste Mannschaft sind professioneller geworden. Dazu gehören vor allem auch Funktionen wie das Sekretariat und der Sportchef. Deutlich besser sind aber auch die Trainingsbedingungen. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als wir mit der ersten Mannschaft noch auf dem Sandplatz trainiert haben.
Welche Erfahrungen aus deiner Zeit bei Red Star willst du beim FCM speziell einbringen?
Auf jeden Fall jene im Bereich der Talentförderung. Es ist das erklärte Ziel des FC Männedorf, laufend junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs an die erste Mannschaft heranzuführen und einzubauen. Aus meiner Sicht gibt es für Vereine in der 2. Liga regional nur zwei Konzepte: Entweder man investiert mehrheitlich in auswärtige Spieler oder man setzt auf die Nachwuchsförderung und versucht langfristig ein gutes Fundament zu legen. Der FCM setzt ganz klar auf den eigenen Nachwuchs. Ziel ist es, dass man neben einigen auswärtigen Spielern, die die Mannschaft verstärken, mit eigenen Spielern aus der Jugend ein konkurrenzfähiges Team auf den Rasen bringt.
«Schliesslich tragen wir alle den Fischotter auf der Brust.»
Die Integration von Nachwuchsspielern war auch schon das Steckenpferd von Vorgänger Mike Koller. Allerdings wurde mit der Zeit Kritik laut, dass zu viele «Auswärtige» in Männedorfs Fanionteam spielen.
Wenn ich mir unser aktuelles Kader anschaue, stelle ich fest, dass wir zahlreiche Spieler haben, die aus den eigenen Reihen kommen. Grundsätzlich wollen wir auch allfällige Lücken mit eigenen Spielern stopfen. Ich sehe das aber nicht als Problem, wenn vereinzelt externe Spieler dazustossen. Wichtig ist, dass die Stimmung stimmt und ein gesunder Konkurrenzkampf entsteht. Und dies ist bei uns definitiv der Fall.
Die Fans auf dem Widenbad gelten als frenetisch, aber eben auch als kritisch. Wie gehst Du generell mit Kritik um?
Kritik gehört zum Geschäft. Wenn sie konstruktiv ist, kann sie sogar helfen. Natürlich dürfen wir uns nicht wahnsinnig machen und Ohren für alles haben, denn sonst verlieren wir den Fokus auf unsere Ziele als Mannschaft. Kritik von Fans muss man akzeptieren können. Man muss aber schon auch sehen: Die Zuschauer sehen uns nur am Matchtag, in den Trainings sind sie ja nicht dabei.
Apropos Zuschauer: In der vergangenen Saison zählte die zweite Mannschaft in der 3. Liga dann und wann mehr Zuschauer als das Fanionteam eine Liga höher. Das muss doch auch dem neuen Cheftrainer zu denken geben.
Am schönsten ist es natürlich, wenn unsere Fans nach Möglichkeit die erste und die zweite Mannschaft unterstützen. Schliesslich tragen wir alle den Fischotter auf der Brust.
Foto: Ben Fischer
Die Corona-Pandemie hat zum Abbruch der vergangenen Meisterschaft geführt. Wie stark hat das Virus nun die Vorbereitung beeinträchtigt?
Man hat schon gemerkt, dass die Spieler eine lange Pause hatten. Der Rhythmus fehlte und vor allem in punkto Physis bestand grosser Nachholbedarf.
Im ersten Testspiel setzte es eine 0:4-Klatsche gegen den Rivalen FC Stäfa. Den Einstand hättest Du dir wohl anders vorgestellt.
Da musste ich ehrlich gesagt erst einmal leer schlucken. In diesem Testspiel haben wir gesehen, woran wir noch arbeiten müssen. Die Mannschaft hat diese Niederlage dann aber schnell weggesteckt und die Spieler haben sich gegenseitig gepusht. Das hat mich sehr beeindruckt.
Wo gibt es noch Handlungsbedarf?
Auf jeden Fall im physischen Bereich. Wir müssen die Intensität in den Trainings sicher noch einmal steigern. Ich gehe aber davon aus, dass die Einheiten mit dem Athletiktrainer ihren Effekt erzielen. So dass wir für den Saison Start eine gute Grundbasis haben, um an dieser weiter arbeiten zu können. Ausserdem gilt es noch gewisse Automatismen im Spielaufbau weiter zu entwickeln.
Eine solide Defensive war in letzter Zeit nicht unbedingt eine Männedörfler Tugend. Wie wollt ihr diese Schwachstelle in den Griff kriegen?
Indem wir das Defensivverhalten gezielt trainieren. Wichtig ist mir dabei zu vermitteln, dass das Verteidigen im Angriff anfängt. Weiter wollen wir unsere Spielprinzipien, gerade im Defensivverhalten, Training für Training verinnerlichen, um so im Spiel besser zu verteidigen.
Wie sieht generell deine Spielphilosophie aus?
Wir wollen mutig, offensiv und Ballbesitz orientiert spielen. Wir wissen aber auch, dass es in jedem Spiel Phasen geben wird, in denen wir gegen den Ball arbeiten müssen. Grundsätzlich habe ich als Trainer einige Spielideen, die ich den Jungs vermittelt habe. Diese sind aber nicht in Stein gemeisselt, sondern werden mit dem Team besprochen und gegebenenfalls auch mal angepasst. Auch unser Spielsystem soll mit dem Team wachsen.
Foto: Ben Fischer
Nachdem Männedorf wohl nur dank des vorzeitigen Meisterschaftsbbruchs dem Abstieg entkommen ist kann das Ziel ja eigentlich nur Ligaerhalt heissen.
Wir wollen in erster Linie wieder zurück zur alten Heimstärke finden. Die Gegner sollen wissen, dass es schwierig ist, auf dem Widenbad Punkte zu holen. Längerfristig sehe ich den FC Männedorf im Mittelfeld der 2. Liga – hoffentlich sogar im Vorderen. Dies erreichen wir aber nur zusammen als Einheit.
Dennoch dürfte für den Dorfclub Männedorf die 2. Liga regional das höchste der Gefühle sein.
Sagen wir es mal so: Wenn eine gewisse Basis gelegt ist, ist das Potenzial da, dass der FC Männedorf für gestandene Spieler eine attraktive Adresse werden kann. Nach einigen Lehrjahren in der 2. Liga wäre ein Aufstieg aus meiner Sicht nicht undenkbar.
Nach dem Motto: Den Mutigen gehört die Welt – Dajee Männedorf!