Es war der erhoffte Start nach Mass, der den Fischotter-Reserven in Hinwil gelang. Was hatten die Männedörfler dem Meisterschaftsstart in der 3. Liga nach der coronabedingten Absage der letzten Saison entgegengefiebert.
Gleich ging es offensichtlich auch den treuen Anhängern. Die Kurve war mindestens so gut besetzt wie die Stadien zuletzt in der Super League. Und der Geräuschpegel stieg je nach Aktion gefühlt etwa in den Dezibel-Bereich eines Jumbo-Jets beim Start.
Auf der Tribüne gesellten sich neben vielen prominenten Stammgästen auch zahlreiche abwesende Stammspieler. Dazu zählte etwa Ex-Capitano Thomas Huber, der seit einer ärgerlichen Blessur am Finger gänzlich auf sämtliche sportlichen Aktivitäten verzichten muss – der Tennisclub Sonnenfeld muss es verschmerzen können.
Weiter fehlten auch die beiden Abwehrhaugegen Sifontes und Nauli. Sifontes soll gemäss einer Miteilung der Coop-Zeitung beim Auffüllen der Regale über die eigenen Füsse gestolpert sein. Sein Sportarzt schien ihm übrigens die Zufuhr isotonischer Getränke verschrieben zu haben, jedenfalls wusste «Cerveza-Chrigi» bereits um elf Uhr mit einer Hülse in der Hand anzutanzen. Definitiv in die Kategorie «die dümmsten Verletzungen des Jahrzehnts» eingehen wird Ex-Grenadier Nauli. Der gestandene Innenverteidiger wäre eigentlich für die Startelf vorgesehen gewesen. Blöderweise liess er aber am Vorabend einen Teller auf seinen Fuss fallen und schnitt sich daran. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass sich einst der designierte spanische Nationaltorhüter Santiago Canizares kurz vor der Weltmeisterschaft eine Sehne durchtrennte als er sich an der Scherbe einer Parfümflasche schnitt, die auf den Boden gefallen war. Nauli ist somit in illustrer Gesellschaft.
Zu dieser gehörte freilich auch Flavio «la gruccia» Bochicchio. Der Teamsenior ging als Vorbild voran und unterstützte seine Kameraden lautstark aus der Curva. Auf dem Feld hätte er das Durchschnittsalter der Männedörfler Startformation ohnehin nur unnötig angehoben. Diesen Part übernahm bereits der aus dem FCM-Museum restaurierte Remo Hämmig, der am Freitag noch bei den Senioren aufgelaufen war. Mit Loris Carbonaro fehlte ausgerechnet zu diesem eminent wichtigen Auftaktspiel der Knipser vom Dienst. Dies, weil er es in der der kurzen letzten Saison irgendwie geschafft hatte, vier gelbe Karten zu fressen.
Erinnerung ans Kartespektakel
Auf der schmucken Tribüne waren somit auf wenigen Quadratmetern gefühlt etwa 40 gesammelte Strafpunkte versammelt.Vor Ort waren nämlich auch die Sportsfreunde des «Sektor Rot». Einige dürften sich erinnern: Beim letzten Aufeinandertreffen gegen das Bollwerk vom Bachtel hatten es die Gebrüder Huber sowie Sportskamerad Krebser doch glatt fertig gebracht, innert einer Minute vom Platz zu fliegen. Krebser für ein hartes Revanchefoul, die Hubers weil sie dem Unparteiischen daraufhin etwas zu energisch zu verstehen gaben, dass sie mit dem Spielausschluss ihres Teamkameraden nicht so ganz einverstanden waren.
Von Beleidigungen und einem gezeigten Vogel war daraufhin im Spielrapport zu lesen. Randbemerkung: Huber senior war damals erst fünf Minuten zuvor als vielversprechender Joker auf dem Flügel eingewechselt worden und hatte nach eigener Aussage noch nicht einmal einen Ball berührt. Der Antrag für einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde ist noch immer hängig. Eigentlich schade: sonst gäbe es über diesen Huber endlich wieder einmal etwas Positives zu berichten.
Die gut gefüllte Männedörfler Kurve mit dem gesperrten Rotsünder Simone Krebser (Mitte).
Aber damit nun endgültig zum Spiel: Turbulent wie damals, als die Männedörfler mit drei Mann Unterzahl zunächst in Führung gingen und erst kurz vor Schluss noch den Ausgleich hinnehmen mussten ging es auch heuer zu und her. Nach einer ausgeglichenen Startphase erarbeiteten sich zunächst die Platzherren einige Chancen. Der Führung am nächsten kamen sie nach einer Ecke von links, die mal eben quer durch den Sechzehner hindurchsauste und am Pfosten abprallte.
Wieder ein Platzverweis
Bei dieser Szene sass Männedorfs Spielmacher Livio Billeter neben der Bank, kühlte den Knöchel und fuhr sich durch seine Hipster-Mähne. Er musste zuvor verletzt ausgewechselt werden. Auf den Rängen machte danach schnell das Gerücht die Runde, dass «Pfiili-Billi» nun endgültig die eben erst neu gekauften Töggelischuhe an den Nagel hängt und seine Karriere als Dartspieler startet. Bis zur Weltmeisterschaft im legendären Ally Pally bleiben ihm noch ein paar Monate, um Finger und Handgelenke in Form zu bringen und an der Präzision zu feilen.
Bitter für Männedorf war dieser frühe Ausfall ihres Edeltechnikers allemal. Und es sollte nicht der einzige Neuzugang im Feldlazarett der Fischotter bleiben.
Glücklicherweise unverletzt blieb der auffällige, quirlige Flügel Joe Mathis nach einem brutalen Einsteigen eines Hinwilers, der daraufhin die rote Karte sah. Kurios: das Foul ereignete sich ziemlich genau an der Stelle auf dem Platz, an der Simone Krebser beim letztjährigen Gastspiel der Männedörfler auf dem Sportplatz Hüssenbüel den Hinwiler in feinster Kickboxermanier von den Beinen holte – dies übrigens nachdem Krebser am Vorabend noch elegant in Lederhosen und Trachtenhemd auf dem Bank am Oktoberfest Männedorf getanzt hatte.
Grund zum Freudentanz sollten die Männedörfler sogleich bekommen. Luca Tschirky zog den fälligen Freistoss scharf in Richtung Tor, wo die Hereingabe von einem Hinwiler unglücklich ins eigene Tor geköpft wurde. Zuvor hatten die Hinwiler ein paar gute Chancen fahrlässig ausgelassen.
Kunststück vom Corner
Der Platzverweis war eine Schlüsselszene. Danach entwickelte sich das Spiel immer mehr zu einem hektischen und turbulenten Schlagabtausch. Die Hinwiler hatten dabei eindeutig mehr gefährliche Torszenen. Allerdings war deren Offensive ungefähr gleich effizient, wie ein Jäger, der mit einer Steinschleuder auf Steinbockjagd geht. Mit ihren Versuchen scheiterten sie entweder am soliden FCM-Schlussmann Frangulidis, an der Torumrandung oder am eigenen Unvermögen.
Besser machte es Pascal Pause – der mit der noch üppigeren Hipster-Fritte. In der 75. Minute brachte er das Kunststück fertig, vom Corner aus eine pfannenfertige Vorlage für einen Hinwiler Abwehrspieler zu liefern. Und weil der Hinwiler Cheftrainer seinen Schützlingen das Defensivspiel von Inter Mailand nahegelegt hatte, brachte es besagter Verteidiger tatsächlich fertig, das Leder à la Lukaku in die eigenen Maschen abzufälschen.
Allerdings wollte nach dem Spiel Dario Fernandez den Treffer für sich beanspruchen. War er tatsächlich noch dran? Auf jeden Fall hatte der Mann mit der Binde beim Jubel ein auffällig breites Grinsen im Gesicht als hätte er gerade einen nigelnagelneuen Beerpongtisch zum Geburtstag geschenkt bekommen. Auf wessen Konto der zweite Treffer nun ging, war den Männedörfler insgeheim ja auch egal. Jedenfalls brachte das Team angeführt vom neuen Captain Fernandez den zwei-Tore-Vorsprung mit viel Fleiss und dem nötigen Wettkampfglück über die Zeit.
Coach Mätz Heusser sprach danach von einem «Arbeitssieg, für den wir viele Opfer bringen mussten». Neben Livio Billeter schieden auch Luca Tschirky und Nico Demuth verletzt aus. Sie und der ganze Rest der Mannschaft hatten vollen Einsatz gegeben und damit die ersten drei Zähler klargemacht. Ob nun das Provozieren von Eigentoren die neue Taktik der Fischotter-Reserven ist, wollte das Trainergespann nicht abschliessend beantworten.
FC Hinwil – FC Männedorf II 0:2 (0:0)
Tore: 54. Eigentor 0:1, 75. Eigentor 0:2.