Diese Winterpause war für alle Beteiligten aussergewöhnlich. Kein obligates FFF-Turnier, keine Vorbereitung mit Kraft-Parcours in der nach Schweiss stinkenden Turnhalle, aber noch viel wichtiger: kein gemeinsames Singen der traditionellen Weihnachtslieder.
Insbesondere Sportskamerad Sifontes dürfte arg darunter gelitten haben, dass er sein geliebtes „Feliz navidad“ nicht im Duett mit Vater Hector vor dem Tannenbaum vortragen durfte. Stattdessen gönnte sich das wandelnde Sixpack noch eine Cerveza, bevor es ans Fondue chinoise ging.
Um die Stimmung etwas zu heben und auch um etwas Wettkampfgeist zurück in dieses Team zu bringen, lancierte der Trainerstaff die Jogging-Challenge. Gerüchten zufolge soll Allenatore Ganci die Idee zwar von den Senioren/Veteranen geklaut und adaptiert haben, doch diese Vorwürfe liessen sich nicht erhärten. Die Regeln waren einfach. Die Mannschaft wurde wieder einmal aufgeteilt und Jung und Alt.
Krebser zurückgekrebst
Wer kumuliert mehr Kilometer abspult und diese mit einer entsprechenden Applikation aufzeichnet, gewinnt den Wettkampf. Der Verlierer sollte den Materialdienst bis zum Ende der Saison übernehmen. Zudem müssen die lauffaulsten Drei den laufstärksten Drei die Schuhe putzen – die härteste Demütigung seit dem legendären 1:7 zwischen Brasilien und Deutschland im WM-Halbfinale.
Obendrauf hatte FCM-Fotograf Ben Fischer noch drei Kasten Bier zugesichert. Ehrensache. Schliesslich besitzt er auch schon die Exklusivrechte der brandheisse Schnappschüsse der Zwei-Kicker von den Meisterschaftsspielen.
Schon bald einmal wurde sich beschwert über die Mannschaftseinteilung, zumal Team Alt doch einige Cracks dabei hatte, obwohl Allrounder Simone Krebser zurückkrebste und sich aus mysteriösen Gründen von der Challenge dispensieren konnte. Es hagelte Proteste. Doch der Rekursweg blieb genauso versperrt wie der Gotthardtunnel an einem normalen Osterwochenende. Stattdessen hagelte es blöde Sprüche im Mannschaftschat.
Marathonmann vor Abwehrhaudegen
Auffällig waren vor allem aber die Einträge von Carlos Viscaya. Die schärfste Abwehr-Allzweckwaffe reichte munter Beweisbilder von seinen Läufen ein – sei es nun dem Zürichsee entlang oder mitten in Mexiko City.
An dieser Stelle sei nochmals daran erinnert, dass Viscaya vor einem Jahr das feste Ziel ins Auge fasste, einen Marathon zu laufen und akribisch darauf trainierte, ehe das Vorhaben aufgrund der Pandemie ins Wasser viel und er sich im Trainingslager von einem Tag auf den anderen dem gebrannten Wasser hingab. Ein solches Camp wird es diesen Frühling ebenfalls aufgrund der epidemiologischen Situation nicht geben. Auf knackige Bilder von gebräunten, strammen Fussballerwaden oder einer feiernden, stierebesteigende, bäumchenausreissende Meute muss die Fangemeinde also vorerst verzichten.
Umso bedeutender ist der Gesamtsieg der Jogging Challenge – ein Sieg mit Ansage des mexikanischen Marathonläufers. Über 400 Kilometer spulte Viscaya ab – so viele wie Sturmtank Loris Carbonaro in seiner gesamten Juniorenzeit. Viscaya war schon zur Weihnachtszeit das Renntier schlechthin dieser Truppe.
Dahinter folgte Sandro Nauli, die klare Nummer eins bei den Jungen sowie der bissige Sevi Peer. Die Ledermedaille ging an Aussenverteidiger Remo Huber. Dahinter folgte – zur Überraschung aller Buchmacher – Chrigi Sifontes, der die Challenge nach eigener Aussage am Bahnhof Uetikon an einem Samstagvormittag dazu nutzte, um konditionell besser zu werden. Vorbildlich.
Gut möglich, dass Viscaya und Nauli bald das Innenverteidiger-Duo bilden werden, wenn wieder Fussball gespielt werden darf. Abwehrhaubitze Moritz Schmid, der sich in der Zwischenzeit gemeinsam mit seinem Oetwiler Companion Krebser als waschechte Andrea-Bocelli-Imitatoren einen Namen machte, muss sich warm anziehen, was er aber als erfahrener Hockeyspieler durchaus zu beherzigen weiss.
Insgesamt lief Team alt knapp 1300 Kilometer – das ist in etwa die Distanz von Männedorf an den südlichen Zipfel des Stiefels des italienischen Festlandes. Die Jungen machten derweil etwas über 840 Kilometer. Das reicht gerade Mal bis nach Rom.
Playoffs und Playouts?
Flügel Pascal Pause machte derweil vor allem auf der Piste Kilometer. Zusammen mit Ex-Spielmacher Livio Billeter vergnügte er sich lieber beim Dart oder beim Autoballspiel Rocket League.
Etwas häufiger die Joggingschuhe schnürte indes der designierte Captain Dario Fernandez – immerhin ziert er seit geraumer Zeit auch das Titelbild des Mannschaftschats. Allerdings schaffte es sein Konkurrent um die Spielführer-Binde, Thomas Huber, auf mehr Kilometer. Es dürfte also zur Stichwahl kommen. Als eher lauffaul erwiesen sich die angeblich sprintstarken Spieler Florian Zollinger, Martin Janku oder Marco Huber.
Noch ist unklar, wie es mit der Meisterschaft weitergeht. Es gibt aktuell drei mögliche Szenarien: So könnte es sein, dass der Spielbetrieb nach Ostern fortgesetzt wird. Dies nur, sofern der Bundesrat Kontaktsportarten irgendwann wieder zulässt. Dies würde auch eine relativ kurze Vorbereitungszeit bedeuten. Es scheint aber auch möglich, dass die Meisterschaft erst im Mai fortgesetzt werden kann. Dann gäbe es etliche englische Wochen und möglicherweise auch eine Auf/Abstiegsrunde.
Das letzte Mittel wäre es, ab Juni nur die verpassten Runden der Vorrunde nachzuholen. Männedorf bekäme es dann also noch mit dem SC Zollikon und Erzrivale FC Meilen zu tun. Auch so könnte die laufende und mittlerweile unterbrochene Meisterschaft noch gewertet werden. Und die scheint das Ziel des Fussballverbandes zu sein.
Verbandsfunktionär und Herrliberg-Trainer Beni Benz liess dem Schreibenden gegenüber kürzlich im Rahmen eines Wohnungseinweihungsfestes durchsickern, dass eine solche Lösung durchaus wahrscheinlich sei. Eine Art Grümpelturnier respektive Penaltyschiessen, zu dem sich die Mannschaften an einem sonnigen Sonntag treffen könnten, dürfte hingegen Illusion bleiben. Mit der gelungenen Premiere der Jogging Challenge will die zweite Mannschaft den Grundstein für eine erfolgreiche Rückrunde legen.